Die Aachener Zeitung berichtete am 21. Juni 1997


Eine Stadt im Alemannia-Fieber

Szenen aus Schalke, Dortmund, aus München und zuletzt aus Stuttgart – Bilder aus einer anderen Fußballwelt in den Stuben der Aachener Region. Glückseligkeit in Blau-Weiß, Rot-Weiß, Blau-Gelb und Schwarz-Gelb. Doch sind es immer noch zahlreiche Fußballfans, die gerade bei letztgenannter Farbkombination ins Schwärmen geraten und eine Zeitreise antreten bis zum 25.Juni 1967. Der Aachener Markt schunkelte im schwarz-gelben Freudentaumel, eine Menge –anderhalbfach so groß wie jetzt auf dem Stuttgarter Markt. Wenige Stunden zuvor hatten die Mannen von Michel Pfeiffer den Sack zugemacht – wie es im Fußballerjargon heißt. Mit dem 3:1-Sieg über Göttingen 05 hatte sich die Alemannia endgültig in die deutsche Eliteklasse geschossen. Nun konnte gefeiert werden. Um 19.30 Uhr brandete tosender Jubel auf, als die Aufsteiger die Rathaustreppe erklommen. Und der Mann, der gerade mit seinen Treffern immer wieder Motivationsschübe auf dem Rasen wie auf der Tribüne auslöste, trat als erster ans Mikrophon: Hans-Jürgen „Yogi“ Ferdinand. Es war kein Abend der großen Reden, es war der Abend des Jubels, der Feiern und der Gesänge. „Die Alemannia hat schon viele Siegestrophäen errungen, aber heute hat sie etwas fertig gebracht, was für die Aachener ein Herzenswunsch war“ – OB Heusch traf den Nagel auf den Kopf. Selbst für die wenigen Worte brauchte das Stadtoberhaupt reichlich Zeit, denn frenetische „Yogi, Yogi“-Rufe machten ihm klar, dass er an jenem Abend den Regentenstab an den Mittelstürmer der „Kartoffelkäfer“ verloren hatte. „Hier spricht euer Yogi“, rief Ferdinand immer wieder. Doch auch die anderen kamen zu ihrem wohlverdienten Recht. Meistermacher Michel Pfeiffer, Mittelfeldmotor Jupp Martinelli und Vereins-Vorsitzender Leo Führen. An kommende Gegner – Bayern München, Schalke 04, Borussia Dortmund – dachte in jenem Moment niemand. Die Zukunft bescherte den Aachenern drei wechselhafte Jahre der Erstklassigkeit.

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