AZ-Pokal extra vom 15. August 1997


Schon Max Merkel hat’s gewusst: „Daheim kann Aachen jeden schlagen!“

Ein Duell mit Geschichte: Alemannia und der Club

Im April 1900 fanden sich in Aachen junge Männer zum TSV Alemannia zusammen, einen Monat später wurde in Franken der 1.Fußball-Club Nürnberg aus der Taufe gehoben. Wohl kaum jemand dachte daran, daß dies die Geburtsstunde zweier Traditionsvereine war. Über ein halbes Jahrhundert sollte ins Land gehen, bis sich die beiden Vereine in einem Spiel des DFB-Pokals gegenüberstanden. In der Zwischenzeit war die Alemannia zwar im Westen zu einer festen Fußballgröße geworden, der Club aber konnte stolz auf sieben Deutsche Meistertitel verweisen. AZ-Mitarbeiter Franz Creutz blickt zurück.

Kurt Brumme, seinerzeit Hörfunkreporter des WDR, erinnert sich an den Herbst 1952: "Das waren zwei riesige Spiele, auf dem Tivoli das 3:3-Unentschieden und dann in Nürnberg der 2:0-Sieg. Der Weg führte die Alemannia bis ins Pokalendspiel in Düsseldorf gegen Rot-Weiß Essen, und wenn ich an das Tor von Jupp Derwall aus 30 Metern denke, dann wird mir richtig warm ums Herz."

Es verging Jahr um Jahr ohne das es zu einem neuerlichen Kräftemessen der beiden Mannschaften auf dem grünen Rasen kam. Der 1.FC Nürnberg konnte mit dem Gewinn der Meisterschaft 1961und dem Pokalsieg 1962 weitere Erfolge
sammeln. Und im Westen? Nichts Neues von Alemannia Aachen? Erst im November 1967, nachdem ihr endlich der Aufstieg ins Fußball-Oberhaus gelungen war, ging es erstmals in einem Spiel zwischen dem TSV und dem FCN um Meisterschaftspunkte. Der Neuling mußte Lehrgeld zahlen und wurde vom Club mit einer 4:1-Niederlage nach Hause geschickt. Im Rückspiel auf dem Tivoli drehten die Alemannen den Spieß um und gewannen mit 2:0, was der Nürnberger Trainer Max Merkel so kommentierte: "Zu Hause können die alles gewinnen - auswärts halt nix." Er sollte schneller eines Besseren belehrt werden.

Zum Auftakt der Saison 1968/69 stand für die Alemannia ein Auswärtsspiel beim amtierenden Deutschen Meister 1.FC Nürnberg auf dem Spielplan, für den späteren DFB-Präsident Egidius Braun gleichzeitig im benachbarten Bayreuth die Aufführung des Parsifal bei den Wagner-Festspielen. Was folgte war eine Ouvertüre mit Pauken und Trompeten! "Das war für mich persönlich das erfolgreichste Spiel im Alemannia-Trikot", erzählt Gerd Klostermann. "Ich schoß 3 Tore und wir gewannen das Spiel mit 4:1. Davon spricht man heute noch." Und Herbert Gronen fügt noch ergänzend hinzu: "Von dem Spiel haben die sich nicht mehr erholt." Womit er nicht ganz Unrecht hatte, denn als die Rotschwarzen im Januar 1969 auf dem Tivoli antraten, war von meisterlichem Glanz nicht mehr viel übriggeblieben. Sie mußten sich den Schwarz-Gelben mit 4:2 geschlagen geben und rutschten dadurch endgültig in den Keller der Bundesligatabelle. Zum Saisonende schließlich stieg der Club als Vorjahresmeister aus der Bundesliga ab, während man in Aachen die Vizemeisterschaft feierte.

Doch leider war die Freude nur von kurzer Dauer, ein Jahr später mußte sich auch die Alemannia aus der Bundesliga verabschieden.

Der 1.FC Nürnberg brauchte immerhin gut 9 Jahre bis zur Rückkehr in die Elite-Liga, konnte aber nur schwer mithalten und entwickelte sich zu einer sogenannten Fahrstuhlmannschaft. So kam es 1984 zu einem Wiedersehen der beiden Traditionsvereine, diesmal freilich in niedrigeren Gefilden und unter besonderen Vorzeichen.

Wenn Werner Fuchs an den Beginn seiner ersten Amtszeit als Alemannia-Trainer zurückdenkt, dann fällt ihm ein, daß es: "der Alemannia zum damaligen Zeitpunkt mehr als schlecht ging. Es war kurz vor zwölf. Man wollte eine junge Mannschaft aufbauen mit einem jungenTrainer. Wir sind von Sieg zu Sieg geeilt, und hatten auch plötzlich die Hütte hier immer voll.“ Beim Club war wieder mal richtig Feuer unterm Dach, nachdem sechs Spieler den Aufstand gegen den Trainer Heinz Höher gewagt, und daraufhin vom Vorstand fristlos entlassen worden waren. Mit einer Rumpfmannschaft reisten die Nürnberger nach Aachen, und ein A-Jugendlicher namens Stefan Reuter kam zu seinem 3.Einsatz. Was folgte war ein Spiel der Kategorie "Spiele, die man nie vergißt!". Der damalige Sport- und heutige AZ-Chefredakteur Bernd Mathieu überschrieb seinen Bericht mit der Schlagzeile: "25.000 verwandelten den Tivoli in einen wahren Hexenkessel! Alemannia gewann mit 2:1 gegen Nürnberg". Mit diesem Spiel gelang der Alemannia der Sprung an die Tabellenspitze, am Ende aufgestiegen ist aber der 1.FCN. Daraufhin trennten sich die Wege der beiden Vereine bis zum heutigen Tag.

Die Pokalauslosung brachte dieTraditionsklubs wieder zusammen. Auch sehr zur Freude von DFB-Präsident Egidius Braun: "Als ich hörte, daß Nürnberg zugelost war, habe ich das als ausgesprochenes Glückslos empfunden. Der Verein ist gerade in die 2.Bundesliga aufgestiegen, somit sehr aktuell und er wird sicherlich auch viele Anhänger nach Aachen bringen. Für die Alemannia sehe ich eine Chance, dieses Spiel siegreich zu beenden, und dann wäre man in der 2.Runde. Bei dem System, wonach die Amateure immer Heimrecht haben, wäre das eine gute Möglichkeit, den Wunschgegner aus der Bundesliga nach Aachen zu bekommen."


Zum Schluß: Alemannia hat auf dem Tivoli noch nie gegen den Club verloren und die Spiele beider Mannschaften in den letzten 30 Jahren sahen im Schnitt 24.000 Zuschauer. Damit das auch weiterso bleibt: "Steht auf, wenn Ihr Aach'ner seid!"

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